dramatisch sei ich. sagen sie. dramatisch. ich solle nicht so dramatisch. sagen sie. und rollen mit den augen.
bin nicht dramatisch! schreie ich. schaue weg. empört. der körper folgt. verlässt mit mir den raum.
die tür empört sich auch. mit einem lauten knall.
war das jetzt dramatisch? zu dramatisch?
vielleicht. ja. und ein bisschen inszeniert. vielleicht. ja. das mache ich gerne.
auch im leben. mein leben inszeniere ich gerne manchmal auch.
schon meine geburt. vor meiner geburt schon um genau zu sein. ein bisschen inszeniert.
ein bisschen dramatisch.
der arzt sagte, das kind im bauch ginge von alleine weg, wenn die mutter sich jetzt nicht hinlege. einfach da liegen damit ich auch im bauch wachse.
und blieb im bauch. in dem eines tages pfirsiche.
an einem heißen sommertag. dreimal die sieben im datum an jenem tag.
diese mystische zahl. und pfirsiche. eine gute geschichte, die man eines tages erzählen könnt.
die pfirsiche wollte ich nicht. wollte unbedingt die drei siebenen im datum und fing schon mal mit meiner geburt an.
drei wochen vor dem geplanten termin. gegen den willen der mutter.
nach vier stunden dann das licht. der dramatische auftritt. ein kleiner mensch. nicht einmal drei kilogramm schwer. blau. der mutter entzogen. die dachte, ich sei tot.
den mund abgesaugt, beatmet. dann erst war ich richtig da.
das kind, das am gassentor am lautesten schrie wenn die eltern zur arbeit. im kindergarten am lautesten weinte wenn die große schwester zur schule.
mit dem schreien hörte ich in der schule auf. in der schule war nur noch das weinen.
das steht sogar in meinem ersten schulzeugnis. ehrlich.
mein weinen wurde ein stummes weinen. ein stummes weinen auf papier.
zwischen kind und erwachsen waren da plötzlich so viele gedanken. zu viele gedanken für den kopf.
ich nahm den stift in die hand und wurde sie los.
schrott aus der jugend. dunkle gedanken und ein immer schmerzendes herz. wirklich. immer.
hochdramatisch. doch noch kein drama.
der bezug zum drama kam erst mit dem spielen auf der bühne.
ich war der star der schule. in meinem kopf.
für schauspielschulen zu dramatisch.
schauspielschulen mich nicht auf die bühne. also versteckte ich mich dahinter dann.
und bereue nichts.
von dort aus sah ich verzweifelte schauspieler, die dinge taten, die sie nicht wollten, sah ich schauspielerinnen aus verzweiflung auf der bühne rohes fleisch essen. für ein engagement. aus dem dann doch nichts.
hinter der bühne war die macht. hinter der bühne wurde der kopf des intendanten knallrot und auf der bühne wurde das gemacht, was der rote kopf verlangte.
eines tages sagte der knallrote kopf zu mir, ich solle das nest verlassen. fliegen lernen.
gerne hätte ich das nest vollgeschissen. mit kunst vollgeschissen. nicht wie sie jetzt denken.
aber durfte nicht, denn der mächtige knallrote kopf wollte mir keine macht.
ich sollte fliegen, doch die flügel wurden mir gestutzt. gebrochen. ausgerissen regelrecht.
bevor ich endgültig das nest jedoch, schrieb ich tage und nächte. mit wenig schlaf im kopf und in den augen erwartete ich endlich anerkennung vom intendantenvater.
süß. sagte er. süß.
süß. süß.
süß.
ich verließ das nest. ohne großes drama.
wollte es vollscheißen. diesmal wirklich. braun dem intendanten auf den tisch.
stand plötzlich da. ohne bretter, die die welt. nahe der prostitution.
ehrlich. ja. jetzt schauen sie nicht so.
habe tatsächlich recherchiert wie viel jemand für eine stunde mit meinem körper zahlen würde. 170€ für die erste. jede weitere 140€. ernsthaft. doch soweit kam es nicht.
ein anruf kam dazwischen. und die bestätigung, dass mein geschriebenes doch nicht nur süß. dass talent doch darin.
ein anruf und die bestätigung durch eine frau mit knallroten haaren.
machten, dass meine finger nicht mehr mit dem tippen aufhören können.
gaben mir den mut mein geschriebenes nicht nur allein für mich.
meinen hang zum dramatischen, zum inszenieren, nicht mehr nur auf mein leben zu beschränken, sondern auch welten zu papier zu bringen. die dann schließlich auf der bühne zum leben erweckt.
ein unbeschreibliches gefühl. worte, die mir aus dem kopf zu papier, in den kopf des schauspielers. vom mund des schauspielers in die ohren der zuschauer.
unbeschreiblich.
figuren auf der bühne, die in meinem kopf entstanden. deren schicksal ich bestimmt.
die immer einen bezug zu meinem näheren umfeld. charakterzüge, verhaltensweisen, leben von menschen, die mir nahe.
darum leben die figuren auf dem papier bereits.
frauenfiguren immer stärker als die männer.
das sei interessant an meinem werk, wurde einmal gesagt. warum das denn so.
mag wohl an den starken frauen in meiner familie.
dem dramatischen leben meiner großmutter...
(nein. keine tränen jetzt. nein.). die verstorben.
deren hang zum drama. (entschuldigung..)
dem hang meiner mutter zum dramatischen. (noch mehr tränen. fantastisch.)
(durchatmen) ja.
darum mag wohl auch ich dramatisch sein. und ich darf. das habe ich endlich akzeptiert.
das gehört verdammt noch mal zu meinem job dazu.
enstanden für die wortstattnächte der WIENER WORTSTAETTEN